Kann die
Sowjetunion das Jahr 1984 erleben?
Zwischen
1951-1957 kam es zu einer Revolution von oben, was zu der Kultur-Opposition von
unten führte. Aus dieser Opposition entwickelte sich dann der Samisdat, eine
noch politischere und anti-ideologische Untergrundbewegung. Die Suche nach einer positiven
Ideologie, die der offiziellen entgegengesetzt werden konnte, begann erst gegen
Ende dieses Zeitabschnittes. Vor allem Akademiker und Künstler unterstützten
diese Bewegung. Offenbar beginnt diese Klasse der Spezialisten (Mittelklasse)
sich ihrer Zusammengehörigkeit bewusst zu werden und sich zu artikulieren.
Diese Geisteshaltung des Beamten ist sowohl für die Herrschenden wie für ihn
selbst die aller bequemste. Viele Vertreter dieser Klasse sind einfach Funktionäre
des Partei- und Staatsapparates und betrachten das Regime als das geringere
Übel, verglichen mit dem schmerzhaften Prozess seiner Veränderung. hinter jeder
staatlichen Institution oder jedem Amt steht nichts anderes als nur das
Bewusstsein dessen, dass dieses Amt ein unabdingbarer Teil des etablierten Systems
ist. Während also der von oben kommende Trend zur Rechtsordnung allmählich im Sumpf
der Bürokratie steckenblieb, ertönte plötzlich auch von unten der Ruf nach
Beachtung der Gesetze. Dabei stellte sich heraus, dass es im sowjetischen Recht
gewissermaßen eine breite graue Zone von Tatbeständen gab, die formell nicht
durch Gesetz verboten waren, aber dennoch in der Praxis als verboten galten. Daraus
resultiert der „Reformismus“, der annimmt, dass die Vernunft siegen wird.
Lieber satt und frei, als hungrig und unfrei. Mehr persönliche Freiheit =
weniger Regime. Es ist paradox, dass das Regime zunächst ungeheure
Anstrengungen unternimmt, um jedermann zum Schweigen zu bringen, und sich dann doch
wieder bemüht festzustellen, was die Leute denken und was sie wollen. Es fehlt
die Tradition der Freiheit. die Persönlichkeit war in der russischen Geschichte
immer nur Mittel, aber niemals Ziel. (Absolute) Isolierung führt zu verzerrten
Weltbildern (und Selbstbildern). Möglicherweise sucht man in äußeren Krisen
einen Ausweg aus inneren Widersprüchen. Die einzige reale Hoffnung auf eine
bessere Zukunft für die ganze Welt liegt nicht im Rassenkrieg, sondern in der
Zusammenarbeit der Rassen. Ist nicht gerade diese Kluft (Stadt-Land) die grösste
potentielle Bedrohung unserer Zivilisation?
EVERYTHING
YOU THINK YOU KNOW ABOUT THE COLLAPSE OF THE SOVIET UNION IS WRONG
Obwohl die wirtschaftliche, politische, soziale und
gesellschaftliche Situation in der Sowjetunion in den 1980er Jahre nicht gerade
rosig präsentierte, so war sie doch weit davon entfernt zu kollabieren. Auch
der Druck von aussen, die Gefahr von den USA oder von China waren nicht derart
eminent, dass ein Zusammenbruch der UdSSR ersichtlich gewesen ist. Aber warum
kam es dann zwischen 1989 und 1991 zu einem kompletten Zusammenbruch der UdSSR?
Gorbachevs Umdenken war radikal und vollzog sich in wenigen
Monaten. Das bisherige System, basierend auf Unterdrückung, Ausbeutung und
Zerstörung jeglicher Opposition war schlicht und einfach nicht mehr tragbar und
verdarb die Bevölkerung und die Gesellschaft. Es musste was getan und verändert
werden, plötzlich stellte sich die Meinung ein, dass alles bisherige falsch
gewesen ist und man es sofort verändern müsste. Wie bei den meisten
Revolutionen geht es dabei um die Verbesserung der menschlichen Würde. Steuert
das aktuelle Russland wieder auf eine Perestroika zu?
Wurde die Sowjetunion von äusseren Faktoren und
Gegebenheiten in eine Existenzkrise gedrängt oder hat sie sich von innen heraus
aufgelöst und selbst zerstört? Wie konnte es geschehen, dass die Perestroika, die im
Interesse einer Erneuerung der Gesellschaft und einer Verbesserung der
Lebensverhältnisse eingeleitet wurde und Demokratie und Freiheit ermöglichte,
zum Zerfall des Staates und Zusammenbruch der Wirtschaft führte?
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